Eine Lymphdrainage, ist eine erstaunende Massnahme. Das Wort Drainage erklärt, das es hier ähnlich wie bei einem Feuchtgebiet um die Trockenlegung geht.
Dies geht nur über natürliche Wege oder durch eine Verbesserung des Transportweges. Das heisst, die Manuelle Lymphdrainage ist eine ganz sanfte, geringfügig drückende Anwendung, mit zum Teil kreisenden Bewegungen der Hände, die zuerst einmal die Lymphwege von Kopf bis Peripherie anregen soll, schneller zu arbeiten.
Die Lymphbahnen haben eine eigene Muskulatur, die in einem gewissen Mass auch schneller arbeiten kann. Dieses schnelle Arbeiten, das schnelle Zusammenziehen der Muskulatur, lässt sich durch äussere Massnahmen bewerkstelligen. So wird zunächst bei der Manuellen Lymphdrainage die gesunde Körperregion schneller arbeiten. Erst danach, und eigentlich fast zum Schluss, wird die befallene Körperpartie behandelt, indem man die Flüssigkeit in eine Gegend hinein bewegt, die auf einen verstärkten Anfall von Schlacken und Wasser etc. Schon vorbereitet ist. Darin ist also das ganze Geheimnis der Manuellen Lymphdrainage zu suchen.
Manche Patienten sind enttäuscht, wenn der Therapeut nicht sofort die eigentliche Körperpartie behandelt, sondern am Hals (Basisbehandlung) mit der Behandlung beginnt. Erstaunlich ist immer wieder, in welchem Umfang Flüssigkeit dann vom Körper aufgenommen und ausgeschieden wird. Die Gewichtsverluste betragen manchmal mehrere Kilo und die Wasserausscheidung ist zumindest in den Anfängen ganz enorm.
Die Beschreibung der Grifftechnik ist nur dazu gedacht, den theoretischen Hintergrund zur Praxis zu bilden, die, wie die Erfahrung gezeigt hat, äusserst mühsam erlernt werden muss. Sie kann selbstverständlich nicht dazu dienen, diese Behandlungstechnik durch lesen in praktische Anwendung umzusetzen.
Die Manuelle Lymphdrainage zeichnet sich gegenüber anderen manuellen Therapien vor allem durch ihre „Sanftheit“ aus. Diese Bezeichnung stellt den Versuch dar, die charakteristischen Griffeigenschaften dieser Therapieform zu beschreiben, die sich lediglich an den physiologischen Gegebenheiten des Lymphsystems, des Gewebes, der Gewebsflüssigkeit als „träge Masse“ sowie der Kräfteverhältnisse an der terminalen Strombahn orientiert.
Das Ziel dieser Grifftechnik ist es vor allem, den Abfluss aus dem Gewebe zu fördern, ohne gleichzeitig den Zustrom zu verstärken. Nur dadurch lässt sich der enorme Aufwand, in der Ödembehandlung beispielsweise, rechtfertigen.
In dieser Eigenschaft unterscheidet sich die Manuelle Lymphdrainage am augenfälligsten von vielen manuellen Techniken der physikalischen Therapie. Rein theoretisch darf die Druckstärke nur jeweils so gross sein, dass sie im Kräftegleichgewicht an der Blutkapillare keine Verschiebung zu Gunsten der Filtration, sondern möglichst zugunsten der Reabsorbtion hervorruft (Starling’sche Gleichgewicht). Gleichzeitig muss allerdings eine ausreichende Gewebsverformung des Haut-/Unterhautbereiches hervorgerufen werden, da nur damit beispielsweise auf die Kontraktionsfähigkeit der Lymphgefässe eingewirkt werden kann.
Auf den Zustand der Gewebsflüssigkeit lässt sich das Gesetz der „trägen Masse“ anwenden (Lösungen sowohl im Sol- als auch im Gelzustand), so dass eine Mindesteinwirkzeit der einzelnen Griffe von – erfahrungsgemäss – 1 Sekunde notwendig ist, um einen „Fluss“ zu bewirken.
Zusammen mit der Mindesteinwirkzeit von 1 Sekunde erfordert es der Gewebsflüssigkeitszustand zusätzlich, dass der Druck stufenlos zu- und wieder abnehmen muss. Dadurch lassen sich gleichzeitig unerwünschte Scherkräfte vermeiden.
Der übliche 5er- und 7er- Rhythmus hat sich durch experimentelle Untersuchungen von MISLIN u.a. als richtig erwiesen und stellt zusammen mit den vorab erwähnten Griffcharakteristiken den adäquaten Reiz dar, auf den die Angione der Lymphgefässe mit anhaltender Eigenmotorik ANTWORTEN („Automatie der Lymphgefässe“). Neueste Untersuchungen beschäftigen sich mit der Motorik im Lymphangion vor und nach Lymphknotenextension unter Einwirkung der Manuellen Lymphdrainage. Folgendes wurde dabei festgestellt. Die – an Schafen durchgeführten – Untersuchungen lassen erkennen, „…..dass der Lymphdruck unabhängig von Lymphknotenexzision während der Manuellen Lymphdrainage zu steigen beginnt und dass er über die Dauer der Anwendung hinaus noch eine geraume Zeit erhalten bleibt“.
Auch hat man während dieser Untersuchung festgestellt, dass ein zu hoher Behandlungsdruck einen „….vorübergehenden Stillstand der Lyphmotorik“ hervorruft. Damit wurde erstmals die von MISLIN erwarteten Frequenz- und Amplitudenänderung unter der Grifftechnik der Manuellen Lymphdrainage in einem sogenannten „in-vivo-Versuch“ nachgewiesen.
Die an der jeweiligen Körperstelle grossflächigste Griffausführung erleichtert die Forderung an Druckstärke, Druckzeit und Druckablauf zu erfüllen und ist daneben natürlich ökonomisch erwünscht. Die typisch kreisförmige Grifftechnik (kreisförmig, spiralig, korkenzieherartig verschieben) ruft neben der Anregung der Lymphgefässmotorik durch Füllung der Angione (Fülldehnung) sozusagen von Aussen eine „Längsdehnung“ hervor, die nachweisbar die Eigenmotorik in Richtung „Automatie“ fördert.
Die Grifftechnik orientiert sich an den grösseren, ableitenden Lymphgefässen sowie der Lage, der ihnen zugeordneten Lymphknotenansammlungen eines jeweiligen Körperabschnittes. Der Lymphdrainagetherapeut wendet seine Griffe so an, dass der „Abfluss“ in diese Richtung gefördert wird. Bei Insuffizienz bestimmter „Abflussgebiete“ ändert sich die Arbeitsrichtung so, dass sie unter Umständen in die entgegengesetzte Richtung (in intakte „Abflussgebiete“) führt.
Die Behandlungsgebiete bauen sich von zentral (Hals- oder Basisbehandlung) nach peripher auf. Erst die Optimierung der Transportkapazität der Einmündung des Lymphgefässsystems in den venösen Kreislauf am nächsten gelegenen Gefässabschnitt gewährleistet die Entsorgung herzferner Gebiete.
Wirkungsweise
Es lassen sich folgende Wirkungsweisen der Manuellen Lymphdrainage als relativ gesichert darstellen:
Die Technik der Manuellen Lymphdrainage hat sich in manchen Indikationsbereichen (z.B. Ödeme) als Mittel der Wahl herausgestellt, in anderen entweder als Alternativtherapie (z.B. Migräne) oder auch als Baustein in einem komplexen Behandlungsprogramm (z.B. Sportphysiotherapie oder in der Rheumatologie u. ä.).
Ein Vergleich der Grifftechniken und der Wirkungsweisen der Klassischen Massage mit den Griffen der Manuellen Lymphdrainage zeigt die wesentlichen Unterschiede, obwohl immer wieder behauptet wird, durch „leichte Ausstreichungen“ liesse sich ebenfalls eine resorptionsfördernde Wirkung erzielen. Ohne die Ergänzung, dass dies nur bei gesundem Gewebe zutrifft, muss diese Behauptung jedoch zurückgewiesen werden.
Die schon vorhin zitierten Untersuchungen kommen zu folgendem Ergebnis:
„Die Reaktivierung der tiefen Lympfkollektoren mit der Manuellen Lymphdrainage bis zum 21. Postoperativen Tag weist uns darauf hin, dass eine präventiv durchgeführte manuelle Lymphdrainage nach diagnostischer oder therapeutischer Lymphknotenexzision einen Beitrag zur Vermeidung eines sekundären Lymphödems darstellt, dass jene Manuelle Lymphdrainagedrucktechnik angewendet wird, die dann zu einer Frequenzerhöhung und zu einer Tonisierung des Lymphkollektors führt“.
Ödeme lassen sich nun einmal am gesichertsten und gezieltesten durch die entsprechende „Komplexe Physikalische Entstauungstherapie“ behandeln, wobei die Manuelle Lymphdrainage eine Hauptrolle spielt, solange keine Kontraindikationen vorliegen. Es tut der klassischen Massage auch keinen Abbruch, wenn dies ganz klar herausgestellt wird.