Muskuläre Dysbalance – Ursache / Wirkung / Training

Muskuläre Dysbalance – Ursache / Wirkung / Training

In der Literatur finden sich immer wieder Versuche, die normale Haltung zu definieren und diese Definitionsversuche zu legitimieren. Ziel der Definition der normalen Haltung ist es, Haltungsauffälligkeiten von ihr unterscheiden zu können und ggf. behandelnde Maßnahmen einzuleiten.

Bei der Diskussion über die arthromuskuläre Dysbalance wird davon ausgegangen, daß die Ausprägung der Körperhaltung von der Muskelfunktion abhängig ist. Eine Balance zwischen antagonistischen Muskeln ermöglicht eine „normale“ Haltung, eine Dysbalance führt zu einer „unnormalen“, „unphysiologischen“ Haltung.

Muskuläre Balance

Die in der Literatur existierenden Ausführungen über die „muskuläre Balance“ lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:

Bei einer muskulären Balance wird das Gelenk durch das Verhältnis der Drehkräfte der das Gelenk überziehenden antagonistischen Muskeln in einer normalen, physiologischen Stellung gehalten, Bei einer muskulären Dysbalance ist dieses Verhältnis gestört, das Gelenk befindet sich in einer Stellung, bei der Kräfte auftreten, die zu Verschleißerscheinungen des Gelenkes führen.

Fasst man die der Literatur zur muskulären Balance zu entnehmenden Eigenschaften abgeschwächter (verlängerter) und verkürzter Muskeln zusammen, so ist der Verkürzungszustand eines Muskels definiert durch:

  1. seine Maximalkraft,
  2. die Fähigkeit, der (den) Kontrakttons-Funktiomen) des Muskels entgegengesetzte Gelenkbewegungen ausführen zu können; hierfür soll der Begriff „Dehnungsgrad “ verwendet werden, und
  3. die Größe der Spannung, die der Muskel dieser Bewegung (diesen Bewegungen) Entgegensetzt.

Wie bereits angesprochen, werden zwischen der Maximalkraft, dem Dehnungsgrad und der Ruhespannung eines Muskels offensichtlich wechselseitige Beziehungen angenommen, d.h. es wird vermutet, dass ein Muskel mit geringer Maximalkraft einen hohen Dehnungsgrad und eine geringe Ruhespannung aufweist, die dann zu einer Verlängerung führt, bzw. dass ein Muskel mit einer hohen Maximalkraft einen geringen Dehnungsgrad und eine hohe Ruhespannung aufweist, die dann zu einer Verkürzung führt.

Folgende Ansicht veranschaulicht den Zustand einer muskulären Balance

Bild 1: Die antagonistischen Muskeln A und B halten durch ihr Verkürzungsverhältnis das um den Drehpunkt D drehbare Gelenk im Gleichgewicht

Muskuläre Dysbalance durch Muskelverkürzung

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Bild 2: Der Muskel A hat sich einem spezifischen Reiz mit einer höheren Spannung angepasst. Muskel B ist keinem Reiz ausgesetzt worden, seine Spannung bleibt gleich. Das Verkürzungsverhältnis hat sich verändert. die muskuläre Balance ist gestört

Muskuläre Dysbalance durch Muskelverlängerung

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Bild 3: Der Muskel B hat sich einem spezifischen Reiz mit einer niedrigeren Spannung angepasst. Muskel A ist keinem Reiz ausgesetzt worden, seine Spannung bleibt gleich. Das Verkürzungsverhältnis hat sich verändert, die muskuläre Balance ist gestört. (leicht verändert nach ALTER )

Als Ursachen und Erklärungsmodelle für das Entstehen einer muskulären Dysbalance werden vor allem zwei Faktoren genannt:

  1. Der Muskel reagiert auf Belastungen eines Kraft- und Dehntrainings mit Verkürzungen bzw. Verlängerungen . Durch ungleichmäßige Verteilung des Kraft- und Dehntrainings auf die Antagonisten eines Gelenkes kommt es zu ungleichmäßigen Verkürzungen und Verlängerungen.
  2. Bei der Einteilung in tonische und phasische Muskulatur wird die Muskulatur unterschieden in Muskeln, die zur Verkürzung neigen und Muskeln, die zur Abschwächung (Verlängerung) neigen.

Das Verhältnis von abgeschwächten und verkürzten (kontrakten) Muskeln ist nach LEWIT nicht dem Zufall, sondern gewissen Gesetzmäßigkeiten unterworfen. „Es konnte nämlich auch elektrophysiologisch nachgewiesen werden, dass vom Standpunkt der Funktion zwei Systeme der quergestreiften Muskulatur zu unterscheiden sind.

  • Die vorwiegend posturale Muskulatur ist klinisch durch die „Neigung zur Hyperaktivität. Verspannung, Verkürzung, Hypertonus.
  • Die vorwiegend phasische Muskulatur durch die Neigung zu „Hemmung, Abschwächung und Erschlaffung“ gekennzeichnet.
Eigenschaft Postural (tonisch) phasisch
1. Funktion Vorwiegend Haltefunktion Vorwiegend Bewegungsfunktion
2. Ermüdbarkeit Weniger Stärker
3. Reaktion Langsamer Rascher
4. Phylogenese Älter Jünger
5. Fasertyp Überwiegend Slow – Twitch – Fasern Überwiegend Fast – Twitch – Fasern
6. Steuerung Alpha- 2 Motoneurone Alpha- 1 Motoneurone
7. Reaktion auf Überlastung Verkürzung Abschwächung
8. gegenseitige Einflüsse Ein verkürzter Muskel hemmt reflektorisch seine phasischen Antagonisten Abgeschwächte phasische Muskeln sind wegen dieser reflektorischen Hemmung nicht max. stimulierbar

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